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Von Igelhasen und Hasenigeln

Dualseelen-Verbindungen haben mindestens zwei Beteiligte: zum einen den sogenannten „Loslasser“ und zum anderen den sogenannten „Gefühlsklärer“. Man findet die beiden auch unter Begrifflichkeiten wie „Herzmensch“ und „Kopfmensch“, „Eigelb“ und „Eiweiß“, „Chaser“ und „Runner“ – und bei mir unter „Igelhasen“ und „Hasenigeln“. Die sind nämlich beide gleich. Nur andersherum. Spiegelverkehrt sozusagen. Und die haben beide Stacheln, um einander auf Abstand zu halten und Hasenfüße, um voreinander weglaufen zu können. Streckt ein Hasen-Anteil (egal in wem) die Pfote nach dem Igel im anderen aus, igelt sich der andere in seinem Igel-Anteil ein – und kommt der Igel-Anteil im einen mal aus sich raus, nimmt der Hasen-Anteil im anderen unmittelbar die Beine in die Hand und – na Du weißt schon.

Während der Hasen-Anteil wegrennt und der Igel-Anteil die Einigelung (den vielbeschworenen „Rückzug“) sicherstellt, ist der Hase eigentlich immer schon da. Und der Igel rennt hinterher. Oder andersrum, gern abwechselnd. Die sind ein super Team die beiden. Ein Dream-Team. Beide tierisch unterwegs, auf der Flucht und immer schon da. Hauptsache, der andere merkt’s nicht.


Loslasser & Gefühlsklärer: was du nicht willst, das man dir tu'


… das füg‘ auch keinem anderen zu. Tja. Leichter gesagt als getan. Da Dualseelen alles, was sie einander „antun“, in der Essenz immer sich selbst antun, setzen sie sowohl ihre Stacheln als auch ihre Hasenfüße nicht nur „gegen“ den jeweils anderen ein, sondern beides zugleich auch gegen sich selbst. Mit ihren Stacheln halten sie sich vor sich selbst auf Abstand und mit ihren Hasenfüßen rennen sie mit Siebenmeilenstiefeln vor sich selber weg. Ist bisweilen spaßig anzuschauen, wenn man im Prozess schon ein bisschen vom Fleck gekommen ist und die Dynamiken durchschaut. Sie in Beziehungen anderer erkennt. Und sich fragt „warum, zum Henker, kommen wir nicht in eine Beziehung?“ oder „Warum, zum Henker, kommen wir nicht zurück in die Beziehung, die wir mal kurz hatten?“


Die Antwort ist einfach: Loslasser und Gefühlsklärer, also Hasenigel und Igelhase, überspringen Be-ziehung. Die sind in Berührung, leider aber auch in Ver-bindung (wegen ihrer ganzen Anhaftungen, Abhängigkeiten und Verstrickungen). Deshalb funktioniert das Mit(einander)sein zwischen den beiden nicht. Denn Mitsein erfordert den Abschied von Be:ziehung und das Lösen von Ver:bindung (mehr dazu unter Warum Berührung der Schlüssel ist). Erst dann ist die Berührung frei und das Mitsein unvermeidliche Folge. Zumindest zwischen Dualseelenpartnern, denn das Paradoxe ist, dass Dualseelen mit anderen Menschen und Partnern sehr wohl Be:ziehungen und auch Ver:bindungen unterhalten können, mögen die auf lange Sicht auch nicht unbedingt das sein, was man als "das Gelbe vom Ei" oder "alles Glück dieser Erde" bezeichnet. Was mit "normalen" Partnern aber wenigstens halbwegs klappt, ist mit der Dualseele zum Scheitern verurteilt, noch ehe es wie auch immer angefangen haben könnte. Sobald Dualseelen versuchen, miteinander irgendein Konzept zu leben, baut sich automatisch ein Spannungsfeld auf, in dem alles in die Luft fliegt.


Wat mut, dat mut


Was gemein klingt - die Sache mit dem Spannungsfeld - ist notwendig und birgt das größte Geschenk, das Dualseelen einander machen: sie zwingen sich gegenseitig dazu, zu sich selbst zu stehen, für sich selbst einzustehen und das eigene Glück aus der Versenkung zu holen und zum legitimen Ziel des eigenen Daseins zu machen. Für Dualseelen stellt das tatsächlich eine Not-Wende in ihrem Leben dar, denn sie sind Meister der Anpassung und Aufopferung - und sie leiden darunter, weil die Anpassung und Aufopferung sie auffrisst. Mit Haut und Haar. Würden sie einander nicht begegnen, würden sie daran zugrunde gehen. Der Witz ist, dass Dualseelen ihren Dualseelenpartner brauchen, um die Not-Wende zu schaffen - auch wenn das Dual lauter Dinge tut, die ganz und gar keine Hilfe zu sein scheinen. Tatsächlich tut das Dual genau das Richtige. Alles andere würde nicht die Macht und Kraft entfalten, die Hasenigel oder Igelhase braucht, um sich selbst zu befreien.


Was verrückt ist, macht auch verrückt


Aber nicht für immer. Schreib Dir das auf einen Zettel und kleb' den an Deinen Spiegel, vor allem, wenn Du im Prozess noch weit am Anfang stehst. Früher oder später begreifst Du, um was es geht. Du begreifst, dass es nicht um Beziehung geht und nicht um Konzepte (höchstens darum, die gängigen zu vernichten und Deine eigenen aufzulegen). Du begreifst, dass Du Dich selber retten musst, weil es sonst niemand tut. Auch Deine Dualseele nicht. Wenn Du das begriffen hast, hörst du auf, vor Dir selbst wegzurennen und Dich auf Abstand zu halten. Du kommst zu Dir, im wahrsten Sinne des Wortes. Du wachst auf aus Deiner Ohnmacht. Und fängst an, Dich zu bewegen. Statt Dich bewegen zu lassen wie eine kleine Marionette. Rate, was Dein Dual dann macht.


Weil Du all die Fäden, die Dich ver-bunden haben, durchtrennst, befreit sich auch Dein Igelhase. Oder dein Hasenigel. Denn Ihr seid eins. Wer von Euch wer ist in Eurem Prozess, spielt dabei keine Rolle.


Mach Dir deshalb keinen Kopf um die Begriffe. Schau Dir die Be:ziehungen an, in denen Du zu anderen stehst (nicht nur die zu Deiner Dualseele), und schau Dir vor allem die Be:ziehung an, in der Du zu Dir selbst stehst. Und dann hör auf, Dich zu be-ziehen und zu be-trachten und lass Dich berühren. Sei mit Dir. Du wirst staunen.


Wie viele Dualseelen kann ein Mensch haben?


Es heißt, jeder Mensch habe nur eine Dualseele. Dasselbe hat man früher (als es noch kein Dualseelenkonzept gab) aber auch über den Seelenpartner gesagt. Also: was wäre, wenn?Wenn jeder nur eine Dualseele hat - so what? Es gibt nichts, was von Deiner Dualseele abhängig wäre.


Du darfst die Marionetten-Fäden kappen. Alle. Und wenn Du den ganzen Weg (bis zu Dir) nicht mit einem einzigen gehen kannst, weil dieser eine nicht weit genug mit Dir mitgeht – warum sollte das Leben Dir einen zweiten (oder dritten oder vierten) vorenthalten, Dich Dir selbst vorenthalten, nur weil ein Konzept (das zugleich die Wunschvorstellung eines anderen ist, die Du nur übernommen hast) besagt, dass das „so sein sollte“?


Deine Dualseele bist Du


Du selbst bist Deine Dualseele. Du selbst bist der (oder die), von dem/der Du endlich bekommst, was Du in Deinem Leben von niemandem je bekommen hast, von niemandem je bekommen konntest – und auch nicht bekommen wirst, solange Du im Außen nach jemandem suchst, von dem Du es bekommen könntest. Damit machst Du Dir Versprechungen, die weder Du noch irgendjemand sonst halten kann. Wenn der Gedanke für Dich scher erträglich ist, frag Dich vielleicht mal, was Du hättest, was sich für Dich jeweils erfüllen würde, wenn es nur eine, mehrere oder keine Dualseele geben würde. Und was sich für Dich nicht erfüllen würde, wenn dieses, jenes oder das andere wäre. Damit kannst Du Dir selbst ein ganzes Stück näherkommen - und ein gutes Stück voran in jedem Dualseelenprozess.


Denk immer daran: lass Konzepte Dir dienen. Diene nie einem Konzept. Sei (k)ein Igelhase. Und auch (k)ein Hasenigel.


Sei Du.

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