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Wie Hunde Begrüßung erleben

Sie raten gänzlich Unterschiedliches, die Trainer, Verhaltensberater und „Hundeversteher“, landauf, landab. Soll ich meinen Hund begrüßen, wenn ich nach Hause komme? Wenn ja, wie? Und wenn nein, genauso wie? Gängige Praxis bei vielen ist, dass man den Vierbeiner idealerweise zu ignorieren habe. Insbesondere, um zu verhindern, dass er hopst und springt und bellt und japst und überhaupt dieses allseits bekannte Wiedersehens-Trallaa veranstaltet, in dem sich manche Hunde sprichwörtlich selbst überschlagen. Doch was ist dran an diesem Tipp der Tippe? Was geht vor in einem Hund, dessen heimkehrender Besitzer ihn behandelt wie Luft?

Das haben Wissenschaftler der Universität Uppsala in Schweden untersucht. Sie übernahmen 12 intakte Beagle-Hündinnen zwischen 8 und 10 Monaten vom gleichen Züchter und etablierten mit ihnen ganz normale Mensch-Hund-Beziehungen. Zwei Forscherinnen kümmerten sich um eine intensive Sozialisierung, führten die Hunde regelmäßig spazieren, schmusten und spielten mit ihnen, ließen keinerlei negative oder invasive Behandlungen bei den Hunden zu und unterzogen ihre Beziehungen zu den Beagledamen in einer Vorstudie der Untersuchung dem Ainsworth’s Strange Situation Test (Video hier).


Im eigentlichen Experiment wurde dann erforscht, wie die Hunde reagierten, wenn sie nach einer Zeit des Alleinseins von der vertrauten Person auf eine bestimmte Art und Weise begrüßt wurden:

  1. verbal und körperlich (VP),

  2. nur verbal (V) oder

  3. ignoriert (C).

Das Experiment dauerte bei jedem Hund insgesamt 2 Stunden. Dabei wurde den Hunden vor, während und nach dem Wiedersehen mit der vertrauten Person Blut abgenommen, um die Oxytocin- und Cortisolwerte zu bestimmen, also um zu ermitteln, was eine Begrüßung bestimmter Art in Sachen Wohlbefinden (Oxytocin) und Stress (Cortisol) beim jeweiligen Hund anrichtet. Bei den Blutentnahmen assistierte ein Tierarzthelfer.


Die besagten zwei Stunden gliederten sich in 5 verschiedene Phasen:

  1. Die passive Grundphase (35 Minuten), wobei sich Hund und vertraute Person im Testraum befanden, ohne zu interagieren. Hier wurden die Blutproben BS-1/BS-2 genommen.

  2. Die Separationsphase (25 Minunten), in der sich der Hund allein im Testraum befand.

  3. Die Annäherungsphase (15 Sekunden), wobei die vertraute Person für den Hund bereits sichtbar war, den Testraum aber noch nicht betreten hatte.

  4. Die Wiedersehensphase (4 Minuten), in der die vertraute Person den Testraum betrat und den Hund entweder verbal und körperlich (VP) oder nur verbal (V) begrüßte oder ignorierte (C). Hier wurden die Blutproben BS-3/BS-4 genommen.

  5. Die passive Entspannungsphase (56 Minuten), in der Hund und vertraute Person im Testraum verblieben, ohne zu interagieren. Hier wurden die Blutproben BS-5/BS-6/BS-7 genommen.

Die Blutprobe BS-2 diente als Referenzwert für den Oxytocin- und Cortisolvergleich. Der Oxytocin-Maximalwert der Blutprobe aus der Wiedersehens- und der Entspannungsphase und der Cortisol-Minimalwert aus der Wiedersehens- und der Entspannungsphase wurde später mit den Referenzwerten verglichen.


Ergebnisse


Bei der verbalen und körperlichen Begrüßung (VP) Interagierte die vertraute Person beim Wiedersehen sowohl körperlich als auch verbal mit dem Hund, suchten die Vierbeiner mehr Körperkontakt und zeigten mehr Lippenlecken, als wenn die Person nur mit dem Hund sprach oder ihn ignorierte. Bei dieser Bedingung zeigten sich die Oxytocinwerte während und nach der Interaktion erhöht, während sich die Cortisolwerte während und nach der Interaktion verringerten.


Bei der nur verbalen Begrüßung (V) Bei ausschließlich verbaler Begrüßung reagierte der Hund mit mehr Schwanzwedeln und vokalisierte auch stärker. Der Oxytocinwert zeigte sich nur während der Interaktion erhöht, danach nicht mehr. Der Cortisolwert war während und nach der Interaktion verringert.


Bei Ignorieren des Hundes (C) Wurden die Hunde bei der Begrüßung ignoriert, schnüffelten sie zunächst herum oder wandten sich dem Tierarzthelfer zu, glitten dann aber schnell in die Inaktivität. Der Oxytocinwert war nur unmittelbar bei der Rückkehr der vertrauten Person erhöht (also sozusagen bei deren „Erscheinen“), danach nicht mehr. Der Cortisolwert war während und nach der Interaktion verringert.


Insgesamt scheint allein die Rückkehr einer vertrauten Person als solche einen positiven Effekt auf Hunde zu haben. Darauf weist der Umstand hin, dass sich unter allen Begrüßungsbedingungen sowohl eine Erhöhung des Oxytocinwertes als auch ein verringerter Cortisolwert beobachten ließen. Dennoch ist von Bedeutung, dass der Oxytocinwert nur dann längere Zeit erhöht blieb, wenn die vertraute Person bei der Begrüßung sowohl körperlich als auch verbal mit dem Hund interagierte.


Oxytocin ist das „Kuschel-„ oder „Liebes-Hormon“, das für ausgesprochen angenehme Empfindungen sorgt, wenn es vom Körper ausgeschüttet wird. Begrüßungen mit „streicheln und erzählen“ als solche müssen damit vom Hund zwar nicht unbedingt positiver erlebt werden als andere Wiedersehen. Sehr wahrscheinlich ist jedoch, dass Hunde nach einer „streicheln mit erzählen Begrüßung“ noch längere Zeit von angenehmen Empfindungen profitieren, also ein länger anhaltendes Wohlbefinden aus einem Wiedersehen mitnehmen. Das wiederum kann sich begünstigend auf die Qualität der Mensch-Hund-Beziehung auswirken. Das Suchen von Körperkontakt und Lippenlecken der Hunde beim Begrüßen mit „streicheln und erzählen“ werteten die Forscher als Indikatoren für eine positive Erregung. Zugleich ist das aber auch ein Verhalten, das durch das anhaltende Wohlbefinden im Anschluss an die Begrüßung positiv verstärkt, also „belohnt“ wird.


Und Du? Kommst Du noch oder begrüßt Du schon? ;o)


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